Jesus und seine Welt: Eine historische Spurensuche (B00HYUWEC6) by Cay Rademacher

Jesus und seine Welt: Eine historische Spurensuche (B00HYUWEC6) by Cay Rademacher

Autor:Cay Rademacher [Rademacher, Cay]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783831910038
Herausgeber: Ellert & Richter
veröffentlicht: 2014-01-15T05:00:00+00:00


Der Täufer

Wir werden wohl niemals erfahren, weshalb Jesus aus Nazareth fort gegangen ist – aber die Evangelien berichten, wohin er sich wandte, denn erst damit wird er zu einer Persönlichkeit der Geschichte: Er geht zu Johannes dem Täufer. Denn der ist bereits bekannt im Land – so bekannt, dass Chronisten sein Wirken überliefern. Erst mit dem Gang zu ihm betritt Jesus deshalb eine Welt, in der öffentliche Aufmerksamkeit wenn nicht garantiert, so doch möglich ist.

Johannes der Täufer ist einer jener Prediger aus dieser unruhigen Zeit. Ein Asket, der ein Gewand aus Kamelhaar trägt und auf Kohlen geröstete Heuschrecken mit Honig isst. Ein Prophet, der in der Wüste am östlichen Jordanufer vor dem drohenden Weltengericht warnt und nur den Bußfertigen, die sich von ihm taufen lassen, die Ewigkeit verspricht.

Dem britischen Archäologen Shimon Gibson zeigte 1999 ein Bewohner des Kibbuz Tzuba am Rande eines Nektarinenhains eine Höhle, in der 28 von Menschen geschlagene Steinstufen 26 Meter tief hinabführten – bis zu einem Grund, in den ein rund vier mal vier Meter großes Becken eingelassen war. Tausende Tonscherben lagen hier, Strichzeichnungen an den Wänden zeigten unter anderem einen geköpften Mann. Gibson kombinierte einige Indizien und trat im August 2004 mit einer spektakulären These an die Öffentlichkeit: Hier sei die Höhle gewesen, in der Johannes getauft, ja, in der vielleicht gar Jesus selbst gewirkt habe. Indiz 1: Der Kibbuz befinde sich beim westlich Jerusalems gelegenen Ort Ein Kerem, der traditionell als Geburtsort des Täufers gelte. Indiz 2: Die Tonscherben seien Reste kleiner Krüge, wie sie zu rituellen Waschungen – und Taufen – benutzt worden seien. Indiz 3: Der Geköpfte an der Wand stelle Johannes dar, den später dieses Schicksal ereilt habe, nachdem er das Missfallen von Herodes Antipas erregt hatte. Christliche Pilger hätten in frommem Angedenken dieses Bildnis gefertigt. Im 11. Jahrhundert sei durch den Einfall der Kreuzritter dieser Ort schließlich vergessen und erst jetzt wiederentdeckt worden.

Die meisten Fachkollegen jedoch halten Gibsons Schlussfolgerungen für gar zu gewagt. Ihre Gegenargumente: Die Höhle sei bereits im 8. vorchristlichen Jahrhundert aus dem Fels geschlagen worden, die ältesten Tonscherben datierten jedoch erst ins 2. nachchristliche Jahrhundert, die Wandzeichnungen seien im Stil eindeutig byzantinisch, stammten also eher aus der Zeit um 500 n. Chr.

Und vor allem: Der Evangelist Markus berichtet: „Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und die von Jerusalem und ließen sich alle von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden.“ Also in einem Fluss und nicht in einer Höhle, die rund 50 Kilometer wüsteneinwärts liegt.

Gibson hält dagegen, dass Johannes hier getauft haben könnte, bevor er zum Jordan gezogen sei. Davon allerdings berichten weder die Evangelisten, noch sonst ein antiker Gewährsmann.

Viele Forscher halten es deshalb für wahrscheinlicher, dass frühen Christen diese Höhle irrtümlich als eine Taufstätte des Johannes gegolten habe. Als fromme Pilger seien sie hierhin, in die Nähe des vermutlichen Geburtsortes des Täufers, gezogen, hätten Krüge zerbrochen und Zeichnungen an den Wänden hinterlassen. Sie hätten also, Ironie der Geschichte, den Irrtum vorweggenommen, dem nun auch der Archäologe Gibson aufgesessen sei.

Dem Lukas-Evangelium zufolge



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